Bildung für alle

Leistbare, zugängliche und individuell angepasste Bildung

Der Arbeitsmarkt wird heute oft untrennbar mit lebensbegleitendem Lernen verbunden, es geht um Aus- und Weiterbildungen, um Umschulungen und Erwachsenenbildung. Der Zugang muss unabhängig vom Einkommen möglich sein. Diese Verantwortung darf nicht auf die ArbeitnehmerInnen allein abgewälzt werden. Es ist Aufgabe der Arbeitsmarktpolitik, dafür zu sorgen, dass es keine VerliererInnen am Arbeitsmarkt gibt. Daher muss es in allen Bereichen des Bildungssystems mehr Anstrengungen geben, um Bildung jenen Stellenwert zu geben, den sie in einer zukunftsorientierten Gesellschaft auch einnehmen muss.

Ist deiner Meinung nach Bildung in unserer Gesellschaft für alle leistbar und zugänglich?

Zunächst sollte man die Arten von Bildung unterscheiden. Schulbildung ist für Kinder gratis. Hier stellt sich aber auch immer die Frage der Kinderbetreuung. Für mich ist Bildung ab dem Moment nicht mehr für alle leistbar und zugänglich, wenn Kinder zwar eine gratis Schulbildung bekommen, AlleinerzieherInnen und Familien aber Unsummen für Kinderbetreuung ausgeben müssen.

Wie könnte dem entgegengewirkt werden?

Sowohl die Ausbildung als auch ihre Nebeneffekte, wie eben Kinderbetreuung, müssen gratis sein. Es gibt einige Länder, in denen Modelle einer Ganztagsschule gut funktionieren. Die Kinder sind dort gut aufgehoben, bekommen etwas zu essen und können mittels Freizeitbeschäftigungen ihren Interessen nachgehen.

Wie würdest du den Arbeitsplatz Schule attraktiv gestalten?

Als allererstes ist dafür zu sorgen, dass LehrerInnen und SchülerInnen eine bestmögliche und zeitgemäße Infrastruktur zur Verfügung gestellt bekommen. Das fängt bei einem adäquaten Arbeitsplatz an: Es muss möglich sein, dass das Lehrpersonal zumindest die Möglichkeit hat, in der Schule Arbeiten zu erledigen.

“Für die Zukunft wünsche ich mir wieder mehr Zusammenarbeit in allen Bereichen. Leben und leben lassen ist etwas, das es heute mehr denn je braucht.”

Dennis Mimm

Gewerkschafter

„Es besteht Nachholbedarf in der grundlegenden Einstellung zur (Fort-, Weiter-, Höheraus-) Bildung von Erwachsenen. Vielfach tendieren wir dazu, Bildung als etwas Statisches zu betrachten, etwas, das man/frau einmal, zweimal, bei dringendem Bedarf, konsumiert und dann abhaken kann.“

– Astrid Saxl

Welche Möglichkeiten gibt es derzeit für eine berufliche Weiterentwicklung auf dem zweiten Bildungsweg und inwiefern würdest du eine vergütete Aus- oder Weiterbildung als Verbesserung für den Arbeitsmarkt definieren?

Für eine praxisnahe Aus- und Weiterbildung würde ich eine Vergütung als Win-Win-Situation betrachten. So könnte man/frau andenken, Vergütungen auszuschütten für gemeinnützige Praxisprojekte oder –forschung im Zuge einer Aus- und Weiterbildung. Auch das „heiße Eisen“ Grundeinkommen könnte hier angegriffen werden; Grundeinkommen, nicht ganz bedingungslos, aber mit „limited conditions“, die auf einen direkten wie auch indirekten gesellschaftlichen Mehrwert, einen Beitrag zum Gemeinwohl, abzielen.

Und das in unserer schnelllebigen, dynamischen Zeit?

Erwachsenenbildung wird häufig nur dann als wieder einmal relevant betrachtet, wenn es zu einem Bruch im Leben eines/r Einzelnen gekommen ist – Jobverlust, Krankheit, Krise. Dann muss oder möchte man/frau sich verändern, wieder bilden und neue Wege beschreiten.

Das große Interview mit Astrid Saxl und Dennis Mimm!

“Mache das Beste aus dir. Etwas Besseres kannst du nicht tun!” (Ralph W. Emerson)

Bildungsgerechtigkeit in Zahlen

Die Teilnahme am Bildungssystem in Österreich ist sehr ungleich verteilt und nach wie vor in hohem Maße vom Elternhaus geprägt. Manche Eltern können ihren Kindern bei den Hausaufgaben helfen, andere können diese Zeit wegen beruflichen Belastungen einfach nicht aufbringen. Und Nachhilfe als Lösung ist für viele nicht leistbar und gesellschaftlich dauerhaft nicht akzeptabel. Wie stark die Unterstützung der Kinder vom Bildungshintergrund der Eltern abhängt, sehen Sie hier:

Je höher der Bildungsabschluss der Eltern, desto leichter fällt es ihnen, die Kinder beim Lernen zu unterstützen. 

Bildung wird in Österreich „vererbt“

Fehlt Kindern und Jugendlichen dieser Rückhalt zuhause, bleibt der schulische Erfolg der Kinder nachweislich aus. 57 Prozent der Kinder, deren Eltern einen Universitätsabschluss haben, erreichen in Österreich ebenfalls einen Hochschulabschluss. Haben die Eltern maximal Pflichtschulabschluss, gelingt es nur rund 7 Prozent der Nachkommen, einen akademischen Abschluss zu erreichen. 

Die FSG Tirol fordert daher:

  • Rechtsanspruch auf qualitativ hochwertige Elementarbildung mit einem bundeseinheitlichen Rahmengesetz mit dem Ziel eines Rechtsanspruchs auf einen Kinderbildungsplatz ab dem 1. Geburtstag.

  • Fließender Übergang zwischen den Schulstufen, Brüche zwischen Schul- oder Klassenwechsel gilt es zu unterbinden.

  • Jegliche Einschränkungen, die Menschen verwehren, angestrebte Bildungsabschlüsse zu erlangen, müssen beseitigt werden.

  • Die duale Berufsausbildung ist in der Zusammenschau mit dem berufsbildenden Schulwesen fit für die Zukunft zu machen.

  • Anreize für große Ausbildungsbetriebe über Bedarf auszubilden.

  • Schaffung eines Lehrausbildungsfonds („Fachkräftemilliarde“).

  • Reform des Bestbieterprinzips für staatliche Ausschreibungen mit stärkerem Augenmerk auf die Lehrausbildung.

  • Erhöhung der Teilnahme sowie ein individualisiertes Angebot der Erwachsenenbildung.

  • Einführung eines Qualifizierungsgeldes (= Weiterentwicklung des Fachkräftestipendiums), das längerfristige Ausbildungen existenzgesichert ermöglichen soll, finanziert aus Mitteln des AMS.

  • Absicherung bzw. Erhöhung des frauenpolitischen Budgets im AMS.

  • Bildungsscheck zur Ermöglichung von kostenloser Weiterbildung bzw. Umschulung, kombiniert mit einer stabilen finanziellen Absicherung – analog zu einem Erwerbseinkommen – während der Ausbildung.

  • Attraktivierung „Arbeitsplatz Schule“ – gute Arbeitsbedingungen für das Lehrpersonal sind essentiell.

  • Eine Umsetzung von betrieblichen Bildungsplänen – Bildungsmaßnahmen sind Arbeitszeit.

ExpertInnen in der FSG Tirol im Bereich Bildung!

  • Dr.in Astrid Saxl

    Betriebsrätin

  • Bernhard Höfler

    FSG Landesvorsitzender

  • Dennis Mimm

    GÖD-Sekretär

  • Marc Deiser

    ÖGB Rechtsschutzsekretär