Sozialstaat der Zukunft

Soziale Sicherheit für alle.

Die Corona-Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie wichtig unser Sozialstaat ist. Ohne unseren starken Sozialstaat, den wir sozialdemokratischen GewerkschafterInnen hart erkämpft und aufgebaut haben, wäre unser Land rasch an soziale und wirtschaftliche Grenzen gestoßen. Der Sozialstaat schützt die Bevölkerung vor den finanziellen Folgen sozialer Risiken, wie zum Beispiel Krankheit, Invalidität, Altersarmut und gleicht soziale Benachteiligungen aus. Speziell die Corona-Krise hat aber auch gezeigt, wo unser Sozialstaat Schwächen hat und dringender Verbesserungsbedarf besteht. Für uns sozialdemokratischen GewerkschafterInnen ist klar, dass nur ein gut funktionierender Sozialstaat mit einer ausgewogenen Wirtschaftspolitik weiterhin die Grundlage für ein sicheres und gutes Leben für alle in unserem Land sein kann. Die Sozialversicherung ist ein wesentliches Element unseres Sozialstaates und gewährleistet die soziale Absicherung der Menschen in Österreich. Die Gesundheitsversorgung ist eine öffentliche Aufgabe und muss es auch bleiben. Der Zugang und die Qualität der Versorgung dürfen nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Versicherten abhängen, sondern müssen für alle zur Verfügung stehen. Zusammenfassend muss man festhalten, dass es in Zukunft notwendig sein wird, unseren Sozialstaat in einen visionären, menschlichen und treffsichereren Zukunftsstaat zu transformieren.

Worin liegt deiner Meinung nach die Verantwortung der Gesellschaft?

Der Sozialstaat, wie er bereits existiert, soll nicht nur beibehalten, sondern auch weiterentwickelt werden. Darin liegt für mich die Verantwortung der Gesellschaft. Wir haben ein gutes Sozialsystem. Leider stagnieren wir im Moment etwas. Daher sollte man die gesellschaftspolitische Verantwortung wieder mehr ansprechen.

Wann glaubst du, sind so viele Personen von dieser Problematik betroffen, dass sofort reagiert werden muss?

Ich glaube, wir sind schon über den Knackpunkt. Es trifft allerdings viele Personen, die nicht jammern. Sie kommen grad und grad über die Runden und ihr eigener Stolz lässt nicht zu, dass sie sich darüber beklagen. Sie machen lieber interne Abstriche. Teilweise fehlt auch die Sensibilität in der Gesellschaft dafür. Man bekommt alltägliche Fälle nicht mit und reagiert nur, wenn einem ein Beispiel plakativ unter die Nase gerieben wird. Im ländlichen Bereich ist dies einfacher, da ich die Personen und eventuell auch ihr soziales Umfeld kenne. Im städtischen Bereich stelle ich mir das wesentlich schwieriger vor, weshalb hier sofort nachhaltig gehandelt werden muss.

“In einem gut strukturierten Sozialstaat ist eine Grundversorgung durch diesen selbstverständlich. Schließlich sind die Gesellschaft und wir als Mitglieder dieser Gesellschaft Teil dieses Sozialsystems.”

Sonja Föger-Kalchschmied
Kammerrätin & Betriebsrätin

„Wenn jemand das ganze Leben arbeitet und seiner Pflicht nachkommt, ist es zynisch, Pensionen zu kürzen. Eine abschlagsfreie Pension nach 45 Arbeitsjahren und unter Anrechnung von Karenzzeiten bzw. Präsenz- und Zivildienst ist das Mindeste an Wertschätzung und Fairness.“

– Herbert Frank

Wie wäre ein Spekulationsverbot mit Wohnraum umsetzbar?

Wohnen zählt laut UN-Konvention zu den Grundrechten eines jeden Menschen. Die Immobilienpreise steigen in Österreich rasant an, immer mehr Menschen in Österreich können sich trotz Erwerbstätigkeit keine bezahlbare Wohnung mehr leisten. Eine Ursache dafür ist, dass es in Österreich möglich ist, auf Grundstücke und Immobilien zu spekulieren. Grund und Immobilien werden als Anlageform zur Gewinnmaximierung missbraucht und gleichzeitig nicht genutzt. Es benötigt eine Mietpreisdeckelung, den Ausbau des sozialen Wohnbaus angelehnt am Beispiel der Stadt Wien. Die Gemeinden müssen verpflichtet werden, Grundeigentum für sozialen Wohnbau zur Verfügung zu stellen bzw. für Gemeindebürger verbilligt weiterzugeben. Städte müssen ebenso Wohnraum und Grundstücke ankaufen sowie Gemeindewohnungen auf einen Anteil von mindestens 60 % anheben. Eine hohe Leerstandsabgabe für Wohnungen und eine gezielte Wohnbauförderung sollen einer weiteren Privatisierung der Wohnbaugesellschaft entgegenwirken.

Das große Interview mit Sonja Föger-Kalchschmied und Herbert Frank!

“Der Zweck des Staates ist die Verschönerung des Lebens!” (Aristoteles)

Österreich ist ein Land des Fleißes.

Österreich ist ein schönes Land für ErbInnen und Superreiche. Denn im Gegensatz zu ArbeitnehmerInnen müssen sie kaum zum Gesamtsteueraufkommen beitragen

So viel ist aber bekannt: Eine Studie der Oesterreichischen Nationalbank zeigt, dass Österreichs Superreiche noch weitaus mehr besitzen als bisher angenommen. Das reichste Prozent hält bis zu 50 Prozent allen Hab und Guts im Land. Damit hortet eine kleine Gruppe mehr Vermögen, als 99 Prozent aller Menschen in Österreich gemeinsam besitzen. Mit ehrlicher Arbeit ist es in einem (Berufs-)Leben nicht möglich, auch „nur“ eine Million Euro anzuhäufen. Der/Die durchschnittliche ArbeitnehmerIn müsste dafür rund 40 Jahre arbeiten, ohne Geld für Wohnen, Essen, Kleidung oder Urlaub auszugeben. Obwohl Österreichs Beschäftigte mit fast 38 Arbeitsjahren in Sachen Arbeitsdauer weit über dem EU-Schnitt liegen, ist das Million-Ziel für Normalsterbliche also nicht erreichbar. Wer wirklich reich werden will, sollte erben. Vermögen sind in Österreich doppelt so ungleich verteilt wie im westeuropäischen Durchschnitt. Während durch Pandemie, Krieg und Energiekrise viele ihr Erspartes aufbrauchen und der Wohlstand aller im Schnitt um zehn Prozent zurückgeht, legte die Zahl der Reichsten zu. Den Großteil der Steuern, die unser sozialstaatliches System stützen, bezahlen ArbeitnehmerInnen, PensionistInnen und KonsumentInnen. Diejenigen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, schultern 80 Prozent der Steuerlast. Unternehmen und Vermögende übernehmen nicht einmal 15 Prozent – das ist halb so viel wie im OECD-Schnitt. Und nicht nur das: Die Steuern, die es gibt, werden allzu oft umgangen. Wie die AK zeigt, fehlen unserem Sozialstaat unter anderem durch Unternehmen und Vermögende, die ihre Steuern nicht zahlen, bis zu 15 Milliarden Euro – und das allein im Jahr 2021.

Wer finanziert den Sozialstaat?

Die FSG Tirol fordert daher:

  • Selbstverwaltung: Rücknahme der Enteignung der ArbeitnehmerInnen in der eigenen Sozialversicherung und Schaffung einer neuen Mehrheit im Sinne der Versicherten in allen Gremien.

  • Ausbau der gesetzlichen Verantwortung der Landesstellen und ihrer Selbstverwaltungskörper. Das Ziel muss sein, dass die Versicherten AnsprechpartnerInnen in Tirol haben.

  • Der Zugang zum Gesundheitssystem darf nicht an materielle oder sonstige Voraussetzungen gebunden sein.

  • Ausreichende und faire Finanzierung, Zurückdrängung der Privatmedizin, Ausbau des öffentlichen Gesundheitswesens zu einer krisen- und pandemiefesten Einrichtung.

  • Gewährleistung von ausreichend Personal in allen Bereichen, Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal und Ausbildungsoffensive durch Steigerung der Ausbildungsplätze.

  • Eine tatsächliche Absicherung gegen Altersarmut, Krankheit, Pflegebedürftigkeit und Arbeitslosigkeit.

  • Eine abschlagsfreie Pension nach 45 Arbeitsjahren für alle Berufsgruppen unter Anrechnung von Karenzzeiten bzw. Präsenz- und Zivildienst.

  • Erweiterung der Schwerarbeitsverordnung.

ExpertInnen in der FSG Tirol im Bereich des Sozialstaates der Zukunft!

  • Sonja Föger-Kalchschmied

    Kammerrätin & Betriebsrätin

  • Bernhard Höfler

    FSG Landesvorsitzender

  • Herbert Frank

    Kammerrat & Betriebsrat

  • Marc Deiser

    ÖGB Rechtsschutzsekretär